Neues von der Leipziger Buchmesse unterhaltsam präsentiert

Frühjahrs-Literaturcafé mit 14 Literaturfreunden und 18 Neuerscheinungen

Annerose Schmitz stellte den Alpenkrimi "Wolfsschlucht" von Andreas Föhr vor

– Das literarische Statement eines Autors kann Politik beeinflussen, die Gesellschaft aufrütteln oder verstören. Beim Frühjahrs-Literaturcafé in der Stadt- und Schulbücherei haben es einige Bücher auf dir Auswahlliste geschafft, die solch ein Potential in sich tragen. So hat Diethelm Schoen den  Roman „Unterwerfung“ von Michel Houellebecq als politisches Buch, keinesfalls als Gesellschaftssatire  gelesen und in eindrucksvoller Weise den Zuhörern seine Sicht nahe gebracht.

„Die Reichen werden immer reicher, die Armen bleiben arm.“ Mit solchen Thesen und einer brillanten Analyse des Wirtschafts- und Gesellschaftsgeschehens wartet der französische Wirtschaftswissenschaftler Thomas Piketty auf. Hartmut Röhl stellte ausführlich und kurzweilig zugleich den Sachbuch-Bestseller „Das Kapital im 21. Jahrhundert“  vor. „Einsatzbereitschaft, Mut zum Risiko und Durchhaltevermögen“ – sind das tatsächlich Eigenschaften, ohne die unsere Gesellschaft nicht funktionieren kann? Jürgen Huber hatte Karen Duves essayistische Rundumkritik „Warum die Sache schiefgeht“ auf die Auswahlliste gesetzt.

Das Thema Willkommenskultur oder eben nicht wird  „Samba für Frankreich“ von Delphine Coulin am Schicksal eines Flüchtlings aus Mali aufgearbeitet, der sich ohne Aufenthaltserlaubnis durch seine Illegalität in einer verzweifelten Lage befindet und der doch Frankreich so sehr liebt. Babett Guthmann stellte diesen Roman vor und kritisierte, wie  die Botschaft des Buches in der aktuellen Verfilmung „Heute bin ich Samba“ geglättet wurde. Für das hohe Alter liefert die Leistungsgesellschaft keine Vorbilder mehr, hier bringt Reimer Gronemeyer Anknüpfungspunkte. Eva Thoma  fand viel Nachdenkenswertes in „Altwerden ist das Schönste und Dümmste, was einem passieren kann“

Viele Lob gab es für auf der Leipziger Buchmesse aktuell präsentierte Unterhaltungsromane: Carolin Bayer stellte die anrührende Geschichte „Ein Bild von dir“ vor und wies darauf hin, dass die Bücherei auch die romantische Vorgeschichte zum Roman „Die Tage in Paris“ von Jojo Moyes im Angebot hat. Gisela Szonn machte auf den Auftaktband  zu einer Trilogie in der Sparte Historischer Roman aufmerksam: „Die Täuferin“ ist eine Abenteuer und Liebesgeschichte aus dem 16. Jahrhundert, in der Zeit von Inquisition und Bauernkriegen, deren Autor Jeremiah Pearson sich als Schüler von Stephen King bezeichnet.

Eine intensive, sprachlich dichte Erzählung empfahl Bernd Guthmann:  „Still“ von Thomas Raab. Hier schildert der als Krimiautor bekannt gewordene Österreicher das Schicksal eines Außenseiters mit unsagbar sensiblem Gehör, der Ruhe findet, wenn die Menschen still geworden sind. Stochern im Tegernseer Nebel und einem etwas skurril aufgezogenem Kriminalfall – darum geht es in dem Alpen-Krimi „Wolfsschlucht“ von Andreas Föhr. Aus der Sicht von Annerrose Schmitz brauchen die Leser für die erfolgreiche Lektüre mittlere Bayrisch-Kenntnisse   sowie Sinn für Föhrs Hang zu einem etwas abgedrehten Humor.

Thomas Brussig hat mit „Das gibt‘ s in keinem Russenfilm“ eine Parodie auf das Genre der Autobiografie verfasst. Christine Höller gelang es, die Zuhörer für Brussigs bewusst naiven Tonfall zu begeistern, mit der erzählt wird, wir es denn aussähe, wenn die Mauer nicht gefallen wäre… Die Unentschlossenheit als markante Eigenschaft des Protagonisten nimmt das Tempo aus Arno Geigers „Selbstporträt mit Flusspferd“. Kerstin Zels zeigt sich zwar von der Sprachgewalt des Autors überzeugt, unterhielt die Zuhörer ansonsten mit einer Parodie der Unentschlossenheit, die vielleicht das Erwachsenwerden ausmacht.

Alter, Neid und Liebe sind die Motive, die Paul Theroux „Der Fremde im Palazzo d‘ Oro“ aufscheinen lässt. Jürgen Winter stellte diese Novelle über eine zunächst unnahbare Gräfin mit einem dunklen Geheimnis vor und hatte die Lacher auf seiner Seite als er auf die Diskrepanz zwischen Buchbesprechung in der Süddeutschen Zeitung und dem tatsächlichen Inhalt hinwies.

John Williams ist ein Autor, dessen in 1960-ern verfasste Romane gerade neu entdeckt werden. Zu Recht, meint Ulrike Fischer, die „Butcher’s Crossing“ als dem Realismus verschriebene Abenteuergeschichte US-amerikanischer Büffeljäger  gelesen hat. Die schwierige Freundschaft zwischen einer israelischen Schriftstellerin und einem palästinensischen Filmemacher thematisiert Lizzie Doron in „Who the fuck is Kafka“. Jutta Schwarzbach  hatte diesen Roman aus dem Gastland der Leipziger Messe Israel ausgewählt, der das Erleben der Autorin mit fiktionalen Elementen verknüpft.

Weitere Empfehlungen aus dem Frühjahrs-Literaturcafé und Auswahlverzeichnisse mit neuen Romanempfehlungen gibt es in der Stadt- und Schulbücherei. 

Zurück